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Mitte des 19. Jahrhunderts wurde Schleswig-Holstein von einer Aufbruchstimmung erfasst, die die bisherigen Lebensverhältnisse in politischer, gesellschaftlicher und technischer Hinsicht nachhaltig verändern sollte. Fortschrittsorientierte Menschen sind es, die auch Wilster in diesen Jahren in die Moderne führen. Einer von ihnen ist der erste Wilsteraner Photograph Hans Peter Mohr.  Als sich der damals 35jährige Hans Peter Mohr im Jahre 1862 dazu entschließt, das Handwerk des Photographierens zu erlernen, steckt dessen Technik noch immer in den Kinderschuhen. Zwar war das 1839 vom Franzosen Daguerre erfundene Abbild-Verfahren inzwischen durch die Engländer Talbot und Archer immens  verbessert worden, dennoch verlangte es vom Photographen nicht nur den Blick für ein gutes Bild, sondern auch chemischen Sachverstand, technisches Geschick und Improvisationsvermögen. Nach einem dreiwöchigen Kursus bei dem Meldorfer Photographen Claus Claussen hängt Hans Peter Mohr seine ursprüngliche Tätigkeit, das Malerhandwerk, an den Nagel und eröffnet am Rosengarten ein Photoatelier. Die neue Technik stößt beim Wilsteraner Publikum auf so große Resonanz, dass der Photograph von den Erlösen gut leben kann. Gleich seinem Lehrmeister beschränkt sich Mohr jedoch nicht auf die Brotarbeit der Porträitphotographie im Atelier, bleibendes Verdienst erwirbt er sich vor allem dadurch, dass er zwischen 1863 und 1885 dokumentarisch das Straßenbild Wilsters im Bilde festhält, sichtbarer Ausdruck eines frühen heimatgeschichtlichen Interesses. Als Kombatant der so genannten „Schleswig-Holsteinischen Erhebung“ und Mitglied der „Kampfgenossenschaft von 1848/51“ tritt Mohr für ein souveränes, von Dänemark und Preußen freies Schleswig-Holstein ein. Einige seiner Aufnahmen deuten die Auseinandersetzung mit dieser Thematik an. Das Photographieren im Freien war indes ungleich beschwerlicher als im Atelier. Die gesamte Apparatur, eine selbstgebaute Dunkelkammer in Kubusform mit Seitenlängen von ca. 80 Zentimeter, eine Kamera mit Stativ, Glasplatten und Chemikalien mussten dafür mit einer damals gebräuchlichen „schott‘schen Karre“ zum Aufnahmeort gebracht werden. Der Transport dieses mobilen Labors war notwendig, da die mit Kollodium vor Ort präparierten Glasplatten im nassen Zustand belichtet und entwickelt werden mussten. Ein Antrocknen dieses in Alkohol und Äther gelösten Brom-Jod-Gemisches hätte die Platte andernfalls unbrauchbar gemacht. Das damalige Verfahren brachte trotz oder gerade wegen seiner komplizierten Prozedur sehr gute Ergebnisse hervor. Die Negative hatten einen guten Tonumfang, sie waren fast kornlos und dadurch stark vergrößerungsfähig, was sich heute noch, 140 Jahre später, feststellen und nachvollziehen lässt. Nach 1885 sind keine weiteren Außenaufnahmen von Hans Peter Mohr bezeugt. Es steht zu vermuten, dass ein Nachlassen seiner Sehschärfe ihn an einer Fortführung seiner Tätigkeit hinderte. In den letzten Lebensjahren widmete er sich der Drechselei. Hans Peter Mohr starb am 26. Juli 1910.

Am Rosengarten errichtete Hans Peter Mohr 1862 sein Atelier. Ganz links im Bild erkennt man im Schaufenster einige ausgestellte Portraits.

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